Ralf Tekaat erhielt letztes Jahr die Zusage für das einmonatige Residenzstipendiums der Stadt Wertingen und dieses Jahr den Kunstpreis der Stadt Bobingen, seines Geburtortes - womit wir beim Thema Heimat wären.
Ein Begriff zu dem jeder eine Vorstellung hat - bewusst oder unbewusst. Ein Begriff in anderen Zeiten schwer missbraucht und auch heute von den verschiedene Interessengruppen arg strapaziert. Vielfach gedeutet: von überhöht bis verniedlicht.
Tekaat will mehr wissen. Er stellt drei Fragen zum Thema Heimat (nicht wie Max Frisch 25):
"Was ist (für Euch) Heimat?
Wo oder wann ist Heimat?
Was verbindet Ihr mit diesem Begriff?"
und er erhält über 70 Antworten von Freunden und Bekannten. Diese Antworten sind Teil der Installation.
Daneben ist zu lesen was der Staat, in diesem Fall das Land Hessen, an Wissen von seinen zukünftigen Bürgern erwartet. 100 Fragen zur Einbürgerung. Wenn sie durchfallen, sind sie dann heimatlos? Des Weiteren sind viele andere Zettel zu sehen, in alle Richtungen Wuchernd: humorvolles, nachdenkenwertes, Ausflüge in den Dialekt um nur einige zu klassifizieren. Dazwischen Zeichnungen, Skizzen und Fotos.
Ein Foto ließ mich besonders innehalten. Es zeigt in der Mitte ein kleines Gartentürchen, links und rechts davon Thujahecken und in der Mitte wird der Blick frei auf nochmals eine Thujahecke. Oder ist es nicht eher eine Thujawand. Thuja kommt aus dem Griechichschen und heisst Lebensbaum. Aber von Leben ist nicht mehr viel zu sehen.
Tekaat reagiert auf die Thuja mit monumental wirkenden Thujawällen, ganz dem Motto "My home is my castle."
Zu dieser Gruppe von Zeichnunngen gehören auch die überdimensionierten Überwachungskameras, die zu eigenständigen Formen mutieren, dazu gesellen sich Jägerstände, die traditionellen Überwachungsposten.
Die großen Zeichnungen faszinieren und beeindrucken mich besonders. Ihr kraftvoll-wuchtiger Schwung, die Dynamik der Oberfläche. Überhaupt ihre zeichnerische Einheitlichkeit geben ihne eine starke Präsenz, aber auch etwas geheimnisvolles.
Dieser zeichnerischen Anteil dominiert auch in Computerprintbearbeitungen und den Zeitungsabrieben.
Die Leichtigkeit der kleinen Zeichnungen vermag thematischen Anstöße zu geben und diese collageartig zu verbinden und mit den anderen Arbeiten zu vernetzen.
Nicht übersehen sollte man Tekaats humorvollen, heiter-besinnlichen Blick auf viele Details des Themas Heimat, z.B. "I am dreamin' of a brown jägerzaun" Diese Collage verweist mit leichter Hand auf die Thmatik der Abgrenzung. In ihren extremen Formen gerinnt sie zur Abschottung, wie in dem oben beschriebenen Beispiel der doppelten Thujawand. Zäune und die damit verbundene Abgrenzung will Schutz und Sicherheit bieten. Aber wenn man diesen Weg zu schnell geht ist man ganz schnell am Zaun von Heiligendamm. Das Ruhe- und Schutzbedürfnis kann Monster gebären.
Diese Problem hat viele Gesichter. Vieles davon macht Tekaat direkt oder unterschwellig sichtbar und thematisiert es in seinen Arbeiten.
Er hat eine stimmige Formenwelt erschaffen, die Blicke frei macht auf Aspekte die sonst nicht sichtbar wären. Vielleicht kann man diese Ausstellung auch mit dem Blick durch ein Kaleidoskop vergleichen, wo jede Bewegung ein neues Bild schafft. Hier führt jeder neue Besuch zu neuen Vernetzungen, die wiederum neue Perspektiven ermöglichen.
Für mich ist diese Ausstellung auch eine Art Aufforderung meinen eigenen Standort zu überprüfen. Und dafür danke ich dem Künstler.

Kuno Knapp
Eröffnungsrede der Ausstellung HEIMAT
in der Städtischen Galerie Wertingen
am 15. Juni 2007

info